Wie kalkuliere ich richtig? Alles mal 3 war gestern!

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„Ich arbeite bis zum Umfallen und am Ende bleibt nichts hängen“, Sätze wie dieser sind typisch, wenn man an Gespräche mit frustrierten Gastronomen denkt. Der Glaube, man könne nur überleben, wenn man auch „bisschen was schwarz macht“ hat sich in den Köpfen festgebissen. Anspruchsvolle Gäste, die viel wollen aber nichts bezahlen, Mitarbeiter, die auch noch Geld verlangen für ihre Arbeit und ständig steigende Mieten und Nebenkosten… ernsthaft? Speisekarte, Kalkulation und mehr sind die Themen des folgenden Beitrags.

Natürlich ist die richtige Kalkulation nicht die Lösung für alle Probleme, sie ist aber die wichtigste Basis um damit anzufangen mit seinem Betrieb Geld zu verdienen. Wer alle Kosten berücksichtigt und in seine Kalkulation aufnimmt, der wird bei einem normalen Betrieb keine Probleme haben diese Kosten zu begleichen und faire Gehälter zu bezahlen.

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Kalkulierst Du nach Bauchgefühl, ohne deine wirklichen Kosten zu kennen, dann läufst Du Gefahr frustriert für minimalen Gewinn zu schuften. Wenn überhaupt Gewinn übrig bleibt.

Zahlen sind skrupellos, so sollte auch dein Umgang mit ihnen sein. Wenn ich kalkuliere, dann neige ich auch mal dazu, den teuren Einkaufspreis, die Stromerhöhung der nächsten Jahre, sowie steigende Lohnkosten zu berücksichtigen. So schaffst Du dir einen Puffer und musst nicht gleich in Raserei verfallen, wenn der Strompreis mal wieder steigt.

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Das Schnitzel von Max ist nicht das gleiche, wie das von Peter

Bei der Eröffnung von Restaurants machen Kollegen häufig einen typischen Fehler. Sie ziehen durch ihren Ort, analysieren die bestlaufenden Restaurants und notieren die Preise. „Wenn das Kaffeehaus sein Schnitzel für 9,80€ anbietet, dann kann ich doch keine 13,80€ verlangen!“ … oder?

Falsch! Das Schnitzel im Kaffehaus ist nicht das gleiche wie deines. Welche Personalkosten hat das Kaffeehaus? Wie hoch ist die Miete? Wie viele Gäste können zeitgleich bewirtet werden? Auch wenn eine Marktanalyse ungemein wichtig ist, um zu wissen was um dich herum geschieht, ist das Übernehmen von Preisen ein gravierender Fehler.

Arbeitet das Kaffeehaus mit einer Marge von 2,-€ nach Abzug der Kosten, so kann das bei 250 verkauften Schnitzeln pro Tag ein gut kalkulierter Preis sein. Bei 10 verkauften Schnitzeln pro Tag jedoch weniger. Deine Kostenstruktur und deine Ziele bestimmen den Preis deiner Gerichte, nicht der Nachbar.

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Die Kostenstruktur eines Gastronomiebetriebs

Zunächst gilt: es gibt keine allgemeinen Richtlinien. Ziel unseres Artikels ist es, dich aufmerksam zu machen auf Kostenpunkte, die häufig unterschätzt oder gar nicht erst beachtet werden. Zu Beginn solltest Du jedoch die Kostenstruktur eines Gastronomiebetriebes kennen. Eine kleine Kennzahl vorab, das Betriebsergebnis II beträgt bei den meisten Betrieben ca. 5%-15%. Kaum ein Betrieb schafft es, mehr zu erwirtschaften. Bei einem Nettoumsatz von 50.000€ sind das also ca. 2.500€ – 7.500€ vor Steuer. Das Betriebsergebnis II ist die Differenz von Umsatz und Betriebsbedingten (z.B. Waren & Personalkosten) sowie Anlagebedingten Kosten (z.B. Miete, Leasing Zinsen).

Es ist also wichtig, dass Du im Kopf hast, dass wahrscheinlich 70-80% deines Umsatzes zur Deckung deiner betrieblichen Kosten verwendet werden. Mit den verbleibenden 20-30% musst Du deine Miete, Zinsen und Leasingraten bedienen, sowie Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten decken.

Um es einmal zu verdeutlichen: wenn ein Gericht 10€ kostet, so sind lediglich 0,50-1,50€ dein Gewinn, der noch versteuert werden muss. Ich hoffe, wir konnten mit diesem Beispiel verdeutlichen, wie sensibel und entscheidend das Thema für das Überleben deines Betriebes ist. Egal ob als Küchenchef oder als Betreiber – deine Zukunft hängt an diesen 5-10%.

Kalkulkation im Restaurant - beispiel
Kostenstruktur eines durchschnittlichen gastronomiebetriebs

Dein Zielumsatz ist das Maß aller Dinge – Kalkulation ist eine Rückwärtsrechnung

Wer denkt, es reicht zu wissen, was die Produkte im Einkauf kosten und wie hoch die Miete ist, genügt um zu kalkulieren, der liegt meilenweit daneben. Womit beginne ich bei meiner Kalkulation denn? Ganz einfach, mit dem Gewinn! Du musst zunächst wissen, wie viel Gewinn dein Restaurant erzielen muss, damit Du davon leben kannst und Du solltest als selbstständiger definitiv mehr verdienen, als dein bestbezahlter Mitarbeiter.

Um es für dich zu verdeutlichen folgen wir der Kostenstruktur von oben: Du möchtest 45.000,-€ Nettogewinn erzielen um zufrieden zu leben – also benötigt dein Betrieb einen Nettoumsatz von ca. 430.000,-€ (gerundet, zur Vereinfachung). Obendrauf kommt die Umsatzsteuer/Mehrwertsteuer, die Du für das Finanzamt quasi eintreibst. Bei 19% MwSt. sind das also 511.700,-€ Brutto. Das macht bei 2 Ruhetagen pro Woche einen durchschnittlichen Bruttoumsatz von 2.132,-€ am Tag.

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Deine Kapazität entscheidet, wie viel Umsatz pro Gast erwirtschaftet werden muss

Umsatz ist kein Glücksspiel. Du bestimmst durch deine Preise und dein Angebot, wie hoch der Tagesumsatz werden kann. Jetzt wo Du weißt welchen Tagesumsatz Du erzielen musst, stellt sich also die Frage, wie du zu diesem Umsatz kommst. Wie viele Sitzplätze hat dein Restaurant? Und wie oft kannst Du es realistisch belegen? Bei einem Restaurant mit 100 Sitzplätzen, das im Durchschnitt zu 70% belegt werden kann, wäre das also ein Durchschnittsumsatz von 30,45€ pro Gast. Wir sprechen vom so genannten Durchschnittsbon.

Wie kalkuliere ich nun richtig?

Jetzt wo Du weißt, wie viel Gewinn und Umsatz dein Restaurant machen muss, fällt es deutlich leichter an die genaue Kalkulation zu gehen. Ich hoff jetzt ergibt der Satz „Das Schnitzel von Max ist nicht das selbe, wie das Schnitzel von Peter“ einen Sinn für Dich. Viele Gastronomen haben Angst vor einer sauberen Kalkulation, denn sie könnten in eine Situation kommen, die sie zwingt die Preise zu optimieren und sich dem Hass der Gäste zu stellen.

Wir Gastronomen schämen uns Geld mit unserer Arbeit zu verdienen. Björn Grimm bringt es in seinem Buch „Der Küchencoach“ ziemlich genau auf den Punkt: Jede Tankstelle passt zum Wochenende ihre Preise an, um über die Runden zu kommen. Wenn die Leistung deiner Küche und Dir als Gastgeber stark ist, werden die Kunden Verständnis für Preisanpassungen und eine saubere Kalkulation haben. So wie kaum ein Arbeitgeber bereit ist seinem Chef Überstunden zu schenken, solltest Du davor ebenfalls keine Angst haben, für deine Arbeit entlohnt zu werden.

Aufschlagskalkulation ist wie Russisch Roulette

Wie funktioniert die Aufschlagskalkulation? Sie ist recht simpel: Du schaust, was die Ware im Einkauf kostet, nimmst alles mal 4 und schlägst die Mehrwertsteuer obendrauf. So wurde es über Jahrzehnte gelehrt und weiter gegeben. Warum soll es heute falsch sein?

Die Antwort ist recht simpel – die Struktur der Kosten hat sich grundlegend verändert. Personalkosten und Energiekosten haben sich so grundlegend erhöht, dass Du mit diesem Aufschlag pauschal ziemlich schnell ins offene Messer laufen kannst.

Berechne den Ziel-Deckungsbeitrag!

Es ist mühselig, aber glaube mir, es lohnt sich. Für deine Kalkulation solltest du beachten, dass Service und Küche getrennt zu bewerten sind. Ich habe in meinem Restaurant ziemlich genau 70% Foodumsatz und 30% Getränkeumsatz. Das bedeutet natürlich auch, dass der Küchenumsatz 70% der Kosten tragen muss, der Getränkeumsatz 30%.

Hast du zahlen aus deinem Vorjahr ist die Rechnung relativ simpel. Angenommen Du hattest nach Abzug der Warenkosten, Gesamtkosten von 300.000€, so muss die Küche 210.000€ Kosten decken, der Getränkebereich 90.000,-€.

Nun analysierst Du die Anzahl der Hauptgerichte (bei mir liegt der Anteil bei 80% Hauptgerichte) die Du verkauft hast, sagen wir 20.000 Hauptgerichte pro Jahr und teilst die Kosten der Küche durch 20.000 verkaufte Hauptgerichte. So erhältst Du den Deckungsbeitrag, den jedes Hauptgericht leisten muss, um kostendeckend zu sein. Ich kalkuliere so, dass meine Hauptgerichte meine gesamten Kosten decken können, Gewinn ist hier noch nicht berücksichtigt:

Beispielrechnung pro Jahr:

Umsatz = 500.000.-€

Warenkosten (25%) = 125.000,-€

Sonstige betriebliche Kosten, gesamt = 300.000,-€

Küchenumsatzquote = 70% -> Küche muss ca. 210.000,-€ Kosten decken

Verkaufte Hauptgerichte: 20.000/ Jahr -> Ziel-Deckungsbeitrag von 10,50€ pro Gericht.

Beispielkalkulation:

4,20€ (Wareneinsatz) + 10,50€ (Ziel-Deckungsbeitrag) = 14,70 €

-> 14,70€ + 20% Gewinnaufschlag = 17,64 €

-> 19% MwSt = 20,99€ Verkaufspreis mindestens

Vergleich zur Aufschlagskalkulation:

4,20€ (Wareneinsatz) x 3 = 12,60 €

-> 12,60€ x 19% (Mehrwertsteuer) = 14,99 € (fast 20% Differenz!)

Baker using kitchen scale in kitchen

Rezepturen machen deine Kalkulation beständig

Auch wenn Köche meistens sicher sind, sie bräuchten kein Rezept – sie brauchen es doch. Häufig verwenden Köche Rezepturen und Grammaturen nur für die Berechnung von Menüs. Des Öfteren Pi mal Daumen. Auch wenn es ein aufwendiger Prozess ist, die genaue Definition, welche Grammaturen von Sauce bis Beilage auf deine Teller gehören, vereinfachen nicht nur die Kalkulation. Auch die Produktion in der Küche profitiert erheblich. Auch Komponenten wie Eiswürfel in deinen Drinks, solltest du pauschal mit einbeziehen. Oder kosten diese kein Geld?

Die Kalkulation deiner Gerichte ist aufwendig, aber sie ist unumgänglich. Dabei ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und auch die Kalkulation deiner Speisen wird einem stetigen Wandel unterliegen. Ein Versprechen gebe ich dir jedoch: wenn deine Kalkulation stimmt und Du den Ertrag deines Restaurants siehst, genau dann bekommst Du Lust deine Kalkulation noch mehr zu optimieren.

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  1. Michael Helget says:

    Ein wirklich guter und sehr wichtiger Beitrag!!
    Vielen Dank dafür 👨‍🍳

  2. Tobias Röser says:

    Sehr gut zusammengefasst. Der Artikel liest sich gut und verständlich und wird mich zukünftig bei der Kalkulation unterstützen, richtig zu kalkulieren.

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